Wo ist das Problem?
Über das Für und Wider der Maßnahmen gegen Corona
Dieser Artikel ist der Dritte einer Folge nach meinem Rant gegen die Medien und meinem Rant gegen die Politik in den Zeiten von Corona. Der Folgeartikel ‘Was wäre die Lösung?’ ist hier zu finden. Ein weiterer Rant ist hier.
— Die aus dieser Artikelserie entstandene Vorbereitung einer Verfassungsbeschwerde ist hier zu finden —
Zur Einordnung nochmal vorweg: ich bin ein unmöglicher (sagt meine Tocher derzeit) Familienvater aus Hamburg, und wundere mich, in welche Schubladen ich gesteckt werde: vor einiger Zeit war ich noch Teil der linksgrün-versifften Bildungs-Bourgeoisie, aktuell gehöre ich zu meinem Erstaunen und gegen meinen Willen anscheinend zu den Reichsbürgern, Impfgegnern, der AFD, der FDP und den Verschwörungstheoretikern.
Eigene Einschätzung: #Team Püschel #Team Streeck
— Hinweis: Links sind hier nur unterstrichen, nicht zusätzlich farbig —
Wo ist das Problem?
Wir haben eine Pandemie¹ mit einer potentiell tödlichen Krankheit², die sich exponentiell³ ausbreitet, die Anfang März aus den Nachrichten (die sind ja echt krass, die Chinesen, die riegeln eine Millionenstadt einfach ab!) fast ohne Vorwarnung in unser Leben schwappte! — ¹Schlimm, ²schlimmer, ³am schlimmsten.
‘Fast ohne Vorwarnung’ sage ich, denn wer hätte sich das selbst noch am 05.März vorstellen können? Ich nicht.
Dann — PENG! — riesige Einschränkungen von einem Umfang, daß man sich erstmal schütteln musste, um sie überhaupt nur zu begreifen!
Ich habe mich ja schon mit wenig Zurückhaltung kritisch geäußert, aber zu dem Zeitpunkt fand ich das alles … — zwar absurd, aber irgendwie richtig — better safe than sorry!
Es ging darum, eine Katastrophe unabschätzbaren Ausmaßes abzuwenden. Der Lockdown hat deshalb ja eine breite Unterstützung in der Bevölkerung.
Nochmal: wo ist also das Problem?
Ich sehe dennoch folgende drängende Probleme:
- Die Ahnungslosigkeit — der Bevölkerung was das Recht betrifft
- Die Abneigung der Politik — gegen das Grundgesetz
- Die Unübersichtlichkeit — der Lage
- Die Planlosigkeit — der Maßnahmen
Wie schon zuvor erwähnt sehe ich diese Probleme in dem riesengroßen Zwiespalt, daß es uns hier in dieser Krise besser geht als vielen Menschen in den meisten Ländern der Welt!
1. Die Ahnungslosigkeit
Wir ahnungslosen Träumer
Das alles fühlt sich ja — wenn man noch sein Einkommen hat und die Familie gesund ist — mittlerweile gar nicht mehr so sehr nach Problemen an; die Lockerungen der Einschränkungen sind ja wirklich spürbar. Wo ist dann das Problem?
Ich merke seit Wochen, daß es mir schwer fällt, meinen Kindern oder anderen Menschen zu erklären, was — außer meinem Bauchgefühl — denn so schlimm sein soll.
Zum Glück gibt es Menschen, die sich mit diesen Fragen beruflich beschäftigen:
Vor ein paar Wochen schrieb Heribert Prantl sehr gut formuliert in der SZ:
“Vor einem Jahr haben wir gefeiert und die Grundrechte gepriesen. Wir haben uns, zum siebzigsten Jubiläum des Grundgesetzes, an dessen Mütter und Väter erinnert — […] an Widerstandskämpfer gegen Hitler wie Hermann Lous Brill und Jakob Kaiser. Als sie die Grundrechte formuliert haben, lag Deutschland in Trümmern, in Schutt und Elend. Der Katalog mit den Grundrechten entstand in einer Welt voller Unsicherheit. Hunderttausende “displaced persons” zogen damals durchs Land, ansteckende Krankheiten grassierten. Die Grundrechte sollten Sicherheit geben in einer Welt der Unsicherheit.”
Und heute (weiter H.Prantl):
“71 Jahre später, in der Corona-Krise, soll nun die Aussetzung dieser Grundrechte Sicherheit geben. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik sind sie so flächendeckend, so umfassend und so radikal eingeschränkt worden. Die Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger werden, wegen Corona, auf vorerst unabsehbare Zeit in bisher unvorstellbarer Weise beschnitten und aufgehoben — ohne großen gesetzgeberischen Aufwand, mit einem Fingerschnippen der Exekutive quasi.
Es wurde eine Stimmung geschaffen, in der sich Menschenrechte und Menschenleben gegenüberstehen und die amtlich verordnete Aussetzung von Menschen- und Bürgerrechten als Preis für die Rettung von Menschenleben gilt.”
Wir haben keine Erfahrung, kein Gefühl für die Wichtigkeit von Grundrechten. Genau genommen merken wir eigentlich fast keinen Unterschied, ob sie aktuell vorhanden sind oder nicht.
Das fällt uns gerade auf die Füße, und es tut nicht einmal weh!
Kleiner Exkurs Recht
Es tut uns nicht weh, da wir kein Gefühl für Recht, überhaupt kein direktes Verständnis für rechtliche Problemstellungen haben.
Oft fühlen sich Entscheidungen von Gerichten lebensfremd, ungerecht oder sogar absurd an, aber wir können nicht sagen warum das so ist.
Ein ganz aktuelles Beispiel ist die erfolgreiche Klage der AFD gegen Horst Seehofer wegen seiner Kritik, die AFD bzw. ihr Verhalten sei ‘staatszersetzend’.
Man muß kurz nachdenken, um das nachzuvollziehen; und ja, ich denke die Entscheidung ist zu 100% richtig, auch wenn sich dies erst auf den zweiten oder dritten Blick erschließt.
Nicht einfacher wird das alles dadurch daß neben Entscheidungen, die unserem Alltagsverständnis zuwiderlaufen, die Sprache der Juristen oft auch noch sehr merkwürdig, kalt und unfreundlich ist. Ein Beispiel:
Hier geht es aber nicht um die AFD oder ausverkaufte Artikel, sondern wortwörtlich um Leben und Tod, — und um unser Grundgesetz.
Wir bewerten die aktuellen Einschränkungen in unserem Leben aber nicht nach grundsätzlichen, rechtlichen Gesichtspunkten, sondern schlicht danach wie sie sich anfühlen, und/oder welche Auswirkungen diese auf unser Leben haben. Und hier führt uns unser Gefühl eindeutig auf die falsche Fährte!
Daher möchte ich noch gründlicher an die Sache herangehen:
Kleiner Exkurs Verfassungsrecht
Sehr gut verständlich wird das Thema Maßnahmen gegen die Pandemie von Michael Heumann und Milena Holzgang auf Verfassungsblog.de angegangen:
”Zuerst gehört folgende Frage auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand: Sind […]pauschale Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren überhaupt [rechtmäßig, und zwar] unabhängig von ihren epidemiologischen und medizinischen Konsequenzen? […]
Nicht alles, was medizinisch oder epidemiologisch machbar ist, […] darf auch aus rechtlicher und im Kern ethischer Sicht gemacht werden. […]
Den Maßstab bilden dabei die Menschenrechte, und dies kann ohne Zweifel den […] Schutz des Rechts auf Leben durch Maßnahmen zum Schutz von Gesundheit bedeuten, auch auf Kosten von Freiheitseinschränkungen. […] im Zweifelsfall heißt es [jedoch]: Recht schlägt Gesundheit. Das ethische und menschenrechtliche Kriterium liefert das Recht gleich selbst mit in Form seines wichtigsten Rechtsprinzips: Es ist nicht die Gesundheit, sondern die Würde des Menschen.
Nun gilt es, dass die Verfassungsgerichte prüfen, ob […] nicht differenzierende Ausgangsbeschränkungen sowie Kontaktsperren überhaupt im Einklang mit der Menschenwürde stehen können. […aus] menschenrechtlicher Sicht ist dieser Einklang wohl zu verneinen. […]
In diesen [Infektions- und anderen] Modellen — die ohnehin auf unsicheren Annahmen beruhen — liefert man die Freiheitsgrade menschlicher Bewegungsspielräume, welche den Grundpfeiler eines selbstbestimmten, menschenwürdigen Lebens bilden, vollständig diesen Modellen aus.[…]
Menschen, die eine unveräußerliche Würde [besitzen], werden so zu reinen Mitteln reduziert, [dargestellt in Infektionskettenvisualisierungen], um vorgegebene, quantitative Gesundheitsziele zu erreichen. […]
Menschen [als epidemiologische Punkte] zu konzeptualisieren, die sich untereinander gleichförmig verhalten wie undifferenzierte Objekte, ist in der politisch-praktischen Umsetzung der Bewegungssteuerung hochgradig problematisch [da sie damit Gefahr laufen], selbst zu Objekten zu werden.
[Und dies alles] als Resultat der […] höchstwahrscheinlich als verfassungswidrig einzustufenden […] Freiheitseinschränkungen [als Abhängigkeit eines] quantitativen Gesundheitsoptimierungskriteriums. […]
Einen […] Maßstab kann jedoch nur die […] Menschenwürde liefern, nicht jedoch die zahlengetriebenen und damit endlos auslegbaren und optimierbaren epidemiologischen Risiko- und Gesundheitsmodelle. Diese kennen kein Maß, kein Ende, und führen als Konsequenz in den gedanklichen pandemischen Dauerzustand. Eine maßvolle und befristete Abwägung anhand dieser Kriterien ist daher gar nicht möglich. […]
Hinter der Logik der ständigen Verschärfung dieser Zielvorgaben steckt nicht etwa eine wissenschaftlich begründbare Position wie man meinen könnte, sondern die Absolutheit des Gesundheitsimperativs. Dieser geht einher mit einer quantitativen Risikominimierungslogik. Diese Logik kann definitionsgemäß niemals abgeschlossen sein, sondern muss aufgrund der stets vorhandenen Unsicherheit immer weiter arbeiten: […] Gesundheit würde doch Recht schlagen. […]
Der absolute Gesundheitsimperativ ist maßlos und kann daher keinen Maßstab für eine konsistente Begründung bilden, die Menschenwürde zu relativieren, auch nicht vorübergehend. Die derzeit vorherrschende, ethisch und menschenrechtlich bedenkliche Auslegung des Infektionsschutz- bzw. Epidemiengesetz ist auch repräsentativ für diese Maßlosigkeit. Nicht mehr zwischen Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Gesunden zu unterscheiden und alle in Quarantäne zu stecken, weil alle generell und potenziell der Virenverbreitung verdächtig sind, ist Ausdruck dieser Maßlosigkeit.“
Leider gibt es ein perfektes Gegenstück zu unserem fehlenden Verständnis für rechtliche Grundsatzfragen:
2. Die Abneigung der Politik
Die Abneigung der Politik gegen das Grundgesetz
Wann immer eine wie auch immer geartete politische Aufgabe auftaucht, welche das Grundgesetz tangiert, oder die von den Grundrechten beeinflusst wird oder werden könnte, die Reaktion ist eigentlich immer die gleiche:
Der Griff zur politischen Bratpfanne und erst einmal wild auf die Grundrechte einschlagen, um für die weitere politische Arbeit und Handlungsfreiheit möglichst viele Hindernisse (=Grundrechte) aus dem Weg zu schaffen:
- Die angeblich unverzichtbare Vorratsdatenspeicherung, die nun schon seit Anfang der 2000er Jahre von den Politikern immer wieder versucht wird und die ihnen ein ums andere Mal von den Gerichten um die Ohren gehauen wird.
- Das grandiose Supergrundrecht Sicherheit, erfunden (und gleich wieder beerdigt) 2013 vom damaligen Innenminister Friedrich.
- Und aktuell das vermeintliche Supergrundrecht Gesundheit, welches sich an gleich acht von 19 Grundrechten stößt!
Und diese Aversion der Politik gegen die Leitplanken des Grundgesetzes ist fast so alt wie unsere Verfassung selber. Schon Anfang der 1960er Jahre klagte der damalige Innenminister Höcherl, er könne doch “nicht den ganzen Tag mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen.”
Ist ja auch echt mühsam. So wie Steuern zahlen und bei Rot anhalten.
Auf die Abneigung obendrauf kommt noch die Bequemlichkeit des Gesetzgebers:
Vorratsdatenspeicherung heißt, auf Verdacht alle Daten speichern, könnte ja helfen. Supergrundrecht Sicherheit heißt auf Verdacht alle zu Verdächtigen machen, rein sicherheitshalber. Supergrundrecht Gesundheit heißt auf Verdacht alle als infiziert betrachten. Rein vorsorglich (=macht weniger Arbeit).
Dies hat dann zur Folge, daß wir es bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie nicht — so wie es das geltende Recht eigentlich vorschreibt— mit Verboten und Einschränkungen zu tun haben, die verhältnismäßig, also legitim, erforderlich, angemessen, und geeignet sind. (Mehr dazu unten, in Abschnitt 4)
Vielmehr wurden im Zuge der Allgemein-Verordnungen erstmal so viele Grundrechtsartikel wie noch nie mit eingerissen (und ob nun aus Machtstreben, Unfähigkeit oder Bequemlichkeit ist im Ergebnis erstmal egal):
§1 - Menschenwürde,
§2 - Recht auf freie Entfaltung, auf Leben und körperliche Unversehrtheit,
§3 - Gleichheit,
§4 - Freiheit des Glaubens,
§5 - Kunstfreiheit,
§8 - Versammlungsfreiheit,
§11 - Freizügigkeit (Bewegungsfreiheit), und
§12 - Berufsfreiheit,
— alle aktuell beschädigt, verbogen oder kaputt!
§1, die Menschenwürde. Sie wird in der gesellschaftlichen Diskussion (mit Ausnahme des oben zitierten Artikel auf verfassungsblog.de) als eher nicht in Gefahr gesehen, und in allem, was ich gelesen habe, argumentativ eher mit, d.h. gegen den §2, ‘Schutz des Lebens’ abgewogen.
§ 2, das Recht auf Leben selbst— das ist doch das Recht auf Gesundheit!?? — Hier wird es spannend:
- Das wollen wir doch, das ist doch richtig, oder? Nicht ganz — es ist komplizierter! (mehr dazu im Zitat aus Der Spiegel im nächsten Absatz)
- Das Recht auf Leben, verfasst als Abwehrrecht gegen den Staat, ist im Text der Verfassung sogar wortwörtlich beidseits flankiert von ‘freie Entfaltung der Persönlichkeit’ und ‘unverletzliche Freiheit der Person’! Das ist klassischerweise der Schutz vor einem Unrechtsstaat. Und trotzdem wird genau dieses Recht auf Leben, welches nur unter sogenanntem Gesetzesvorbehalt steht (d.h. durch ein ‘normales’ Gesetz ausgehebelt werden kann), derzeit über die unantastbare¹ ² ³ Menschenwürde gestellt.
¹ — ‘unantastbar’: im wörtlichen Sinne von ‘Finger weg’! & ² — ‘unantastbar’: denn die Würde des Menschen das einzige nicht einschränkbare Grundrecht! & ³ — ‘unantastbar’: im Sinne von: nicht einmal bei einer Verfassungsänderung darf die Menschwürde, der §1, angetastet werden! Siehe ‘Ewigkeitsklausel’ in §79 (3) Grundgesetz!
Und NEIN! ich habe nicht gesagt, daß wir in einem Unrechtsstaat leben.
Eigentlich absurd. Das betonen zu müssen! Und die Verbiegung des Rechts.
Der Spiegel erläutert das Dilemma gut:
“Das Problem ist hierbei keineswegs der Stellenwert des Rechts auf Leben, sondern dessen Absicht: Als Legitimation staatlicher Eingriffe war das Recht auf Leben eigentlich nicht vorgesehen. In der Regel wird es als ein individuelles Recht verstanden, das staatliche Eingriffe gerade beschränken soll. […] Selbstverständlich leitet sich aus dem Recht auf Leben auch eine Schutzpflicht des Staats ab. Vollkommen neu ist aber, dass der Staat diese Schutzpflicht so interpretiert, dass er kollektiv und längerfristig Grundrechte zum Schutz des Lebens einschränkt. […] Wer hierbei sofort auf die systemische Relevanz der Vermeidung großer Zahlen von Schwerkranken während einer Pandemie zu sprechen kommt, hat den Kern des Rechts auf Leben nicht verstanden: Gegenstand des Rechts auf Leben ist ausdrücklich das einzelne Leben in seiner Einzigartigkeit, nicht dessen pragmatische Relevanz in Bezug auf Kapazitäten von Intensivstationen.”
Die Grundrechte wurden vor gut 70 Jahren bewusst als ‘rechtliche Einbahnstraße’ (wörtlich: Eingriffabwehrrecht) formuliert!
Für den Staat ergeben sich daraus nur Verpflichtungen, für den Menschen ergeben sich daraus nur Rechte.
Die ersten neunzehn Artikel des Grundgesetzes sind grundlegende Menschen- ,Freiheits- und Gleichheitsrechte, die den Menschen gegenüber dem Staat und ihn weiter vor seinen Eingriffen schützen sollen!
Das sieht auch der von mir neulich schon zitierte Robert Seegmüller so:
“Die Verfassung. […gilt] auch in der Krise. Das Grundgesetz beschreibt den Handlungsspielraum des Gesetzgebers abschließend. […] Das bedeutet dann, unser Staat kann manche Risiken nur minimieren, aber nie ganz ausschließen. Es gibt dann Infektionsrisiken, die sind von Verfassungs wegen hinzunehmen.”
Das kann man doof oder sogar gefährlich finden, aber das ist geltendes Recht in Deutschland!
Der Jurist Ferdinand von Schirach erläutert im Interview mit der Welt:
“Vereinfacht gesagt muss jede Maßnahme, die Grundrechte einschränkt, verhältnismäßig sein. Das ist sie, wenn sie vier Voraussetzungen erfüllt: Sie muss einen legitimen Zweck verfolgen, geeignet, erforderlich und angemessen sein. Legitim ist ein Zweck, wenn er mit den Werten des Grundgesetzes übereinstimmt. Nun ist das Leben von Menschen zu retten sicher ein legitimer Zweck. Aber das reicht nicht. Jedes Jahr sterben Tausende bei Autounfällen. Stellen Sie sich vor, ein Politiker will das verhindern. Er schlägt deshalb vor, allen Menschen die Fahrerlaubnis zu entziehen. Sein Ziel — das Leben von Menschen zu schützen — ist auch legitim. Aber es ist in diesem Fall natürlich nicht angemessen. […] Verfassungsrechtler definieren das so: Ein gewähltes Mittel ist dann erforderlich, wenn es keine mildere Maßnahme gibt, die denselben Erfolg mit gleicher Sicherheit erzielt. Und genau da wird es schwierig.”
Denn dafür wir wissen nicht genug. Warum ist das so?
3. Die Unübersichtlichkeit
Das verspielte & verlorene Vertrauen
Es wurden (hier in Deutschland) nach einer kurzen Zeit der konzertierten Vorgehensweise mit breiter gesellschaftlicher Zustimmung sehr schnell sehr tiefe Gräben gegraben und gerissen.
Der Versuch, diese wieder zu schließen, fehlt.
Es gibt — stark verkürzt (anders geht es hier leider nicht)— eine offizielle Linie Politik — Drosten — RKI, einen Umkreis in der Fachwelt von als noch seriös anerkannten Fachleuten wie z.B. Streek und Püschel, und jeder weitere darüber hinaus, insbesondere jeder mit einer anderen Meinung als der Chef-Lobbyist der Pandemie, Karl Lauterbach, ist ein Ketzer.
Es ist ein Hauen und Stechen wie im Mittelalter.
Wer kennt die richtigen Zahlen? Niemand! Versucht es wenigstens jemand? Ich sehe niemanden. Kein Fachgremium, keine Expertendiskussion, kein Gar-Nichts! Nicht einmal die Forderung danach!
Zahl der Infizierten in Deutschland: so ca. RKI +/- 2900% ¹
Gab es bei Bekanntwerden dieser Zahlen Anfang Mai irgendeine offizielle Reaktion? Eine Stellungnahme von Lauterbach, eine Ankündigung von Spahn, energisches Reagieren von Söder? Eine weitere groß angelegte d.h. aussagekräftige, weil repräsentative Studie oder eine Untersuchung der Leopoldina?
Nein. Nichts! Keinerlei erkennbare Anstrengungen die tatsächliche Verbreitung von Covid-19 ermitteln!
Dabei ist offensichtlich, daß die Gefährlichkeit des Corona-Virus irgendwie geringer sein muss, als allgemein befürchtet und berichtet, falls das RKI mit dem Kleingedruckten und/oder die Tagesschau mit Ihrer Kritik an der Heinsberg-Studie Recht haben. Denn:
Die Zahl der Toten ändert sich durch die Kurven ja nicht!
Beziehungsweise (durch andere Faktoren allerdings) schon ein bischen (aber man versuche mal, 7.000 oder 9.000 oder 11.000 auf der linken Skala zu finden!) …
— wie jetzt? Die Zahl der Toten? Was ist mit der?
Aus der Arbeit von Professor Püschel am Universitätsklinikum Eppendorf ergab sich die für manch einen kontroverse Aussage, daß die wenigsten der Toten (in Hamburg) an Corona gestorben seien, sondern vielmehr mit Corona.
An oder mit Corona gestorben heißt es seit einiger Zeit oft in den Nachrichten. Ein Verhältnis, eine Zahl hierzu ist jedoch in der Hitze des Gefechts nicht übrig geblieben. Bleibt nur: echte Tote¹ <8.800 (¹-was für eine Stilblüte!)
Gleichzeitig gibt es eine umfangreiche Recherche der New York Times von Anfang April deren (aktuelle) Fassung für Mitte Juni 109.000 fehlende Covid19-Tote ausweist! Diese Zahl wird ermittelt aus der weltweit erfassten Übersterblichkeit (520.000) und den gemeldeten COvid-19 Toten (411.000). Stand je 12.06. Dies würde 26.5% mehr Covid-19 Tote als die offiziellen Zahlen bedeuten!
Nimmt man diese weltweite Zahl und wendet diese als Faktor auf die offizielle Zahl in Deutschland an, ergäben sich Mitte Juni 11.100 Covid-19 Tote in Deutschland. Dies wäre eine dramatisch höhere Zahl. Über 2.300 tragische Schicksale!
Dies bedeutet, selbst die härteste Währung der Pandemie: die Zahl der Toten, ist relativ unklar, oder — um im Bild zu bleiben — ziemlicher Inflation ausgesetzt!
Allerdings: die maximale Bandbreite der Infiziertenzahlen (in Deutschland) würde sich durch die oben beschriebenen Unklarheiten von 2.900% auf knapp 2.200% verringern. Immer noch über zweitausend Prozent Unklarheit!
Wie will man da jemals die Sterblichkeit von Covid-19 ermitteln?
Die Übersterblichkeit
Bei diesen verwirrenden und hohen Zahlen (8.800 oder womöglich 11.100 Covid-19 Tote oder vielleicht auch weniger als 8.800?) lohnt sich noch einmal ein genauer Blick auf die Zahlen in Deutschland. Die offiziellen Zahlen von derzeit etwa 8.800 relativieren sich sehr beim Blick auf die normalen Sterbefälle in Deutschland:
Sieht so aus, als könnte Herr Püschel Recht haben mit seiner Aussage:
“Ich bin überzeugt, dass sich die Corona-Sterblichkeit nicht mal als Peak in der Jahressterblichkeit bemerkbar machen wird.”
Und wann immer er oder ein anderer Fachmann wie Streek vorsichtigen Optimismus äußert, zu weniger Angst rät, die Zahlen in einen größeren Zusammenhang stellt, heißt es gleich: aber Spanien!, aber Italien!, aber New York!
Schauen wir uns nur mal das naheliegendste von den Dreien an, Italien:
Zur Einordnung vorneweg die obige Grafik nocheinmal — diesmal von der New York Times — zusammen mit Italien (und zum Vergleich noch Südafrika):
Italien hat eine deutliche Übersterblichkeit in diesem Frühjahr, das zeigt doch wie gefährlich das Virus ist!
Nein, nicht wirklich, es zeigt den perfekten Sturm:
“Die Lombardei und die Emilia Romagna, jene beiden Regionen, in denen das Coronavirus am stärksten wütete, sind gleichzeitig auch jene mit der höchsten Luftverschmutzung in Italien.” schreibt Spektrum der Wissenschaft (Link im Zitat aus dem Originaltext)
Die Verschmutzung dort ist im europäischen Vergleich beeindruckend:
Lufverschmutzung ist ein nachgewiesener Faktor für die Sterblichkeit bei einer Covid-19 Erkrankung. Gleichzeitig hat Nord-Italien aufgrund der Parmaschinken-Produktion auch eine der höchsten Antibiotika-Resistenzen weltweit. Bakterielle Sekundär-Infektionen haben einen großen Anteil an den Todesfällen bei Covid-19 und Resistenzen verschlimmern sich die Situation entsprechend. Laut der norwegischen Zeitung Aftenposten sterben in Italien jährlich fast 11.000 Menschen wegen Infektionen mit antibiotika-resistenten Mikroben. (Die Zahl für Norwegen beträgt 69, hochgerechnet auf Italiens Bevölkerung: 778).
Hinzu kommt, daß lt. Die Zeit und Wikipedia in Norditalien mehrere zehntausend Chinesen in der Textilindustrie arbeiten, es also dort auch immer schon einen regen Reiseverkehr von und nach China gab.
Und nicht zuletzt sind die Italiener ein eher sehr gesundes Volk mit hoher Lebenserwartung, also vielen alten Menschen, großer Herzlichkeit (= viel engen Kontakten) und leben häufig eng in mehreren Generationen zusammen.
Hätte man im Februar voraussagen wollen, wo in Europa das Virus vermutlich am stärksten zuschlagen wird, wäre Norditalien leider die realistischste Antwort gewesen, noch vor Großbritannien mit seinem kaputtgesparten Gesundheitssystem NHS.
Das alles heißt: ein halbes Jahr nach Ausbruch in China, vier Monate nach Epidemie-Beginn in Deutschland:
Niemand weiß nichts genaues nicht! Keiner kümmert sich drum, aber alle hauen aufeinander ein.
Auf englisch sagt man dazu clusterfuck! Eine— bezogen auf die Kenntnis der Zahlen — katastrophal falsch gehandhabte Situation.
[UPDATE 16.06.]
Noch schöner und höflicher — und dennoch genauso prägnant — sagt dies der Medizinstatistiker Gerd Antes, Professor an der Uniklinik Freiburg, am 16.06. im Deutschlandfunk:
“Deutschland ist gegenwärtig auf einem katastrophalen Weg. Dass wir irgendwann mal diesen Shutdown gemacht haben, das war sicherlich evidenzfrei, das war eine Panikreaktion. Ich persönlich glaube, das war richtig, weil wir einfach nicht mehr wussten — da hat man erst mal den Schutz maximiert –, aber gegenwärtig hätten wir die Möglichkeit, sogenannte Begleitforschung zu machen und differenzierter zu öffnen und dann wirklich die Daten zu erheben, was da passiert, aber so, wie wir gerade gegenwärtig sehen, dass die Wissenschaft damit beschäftigt werden könnte, wie wir Mallorca zurückerobern, das ist natürlich wissenschaftlich gesehen und im Sinne von Erkenntnisgewinn absurd.”
Zu lesen hier und zu hören hier (Achtung, der Link öffnet ein Fenster mit Live-Ton. Das Interview vom 16.06. ist die derzeit oberste Sendung “Forschung aktuell”. Die beiden Interviews mit ihm von Anfang April sind genauso gut).
[UPDATE 20.06.]
In der letzten Zeit hat sich John Ioannidis genau die Art von Arbeit gemacht, die Gerd Antes so dringlich fordert und diese am 05.05. und aktuell zuletzt am 08.06. veröffentlicht.
Ioannidis? Wer ist das? Ein englischer Wodarg vielleicht? Eher nein. Laut Einstein Stiftung Berlin “gehört der Medizin-Professor Dr. John P. A. Ioannidis von der Stanford Universität heute zu den zehn meist-zitierten Wissenschaftlern auf der Welt.”
Zwar schrieb er Mitte März (zum Empören einiger/vieler!):
“The current coronavirus disease, Covid-19, has been called a once-in-a-century pandemic. But it may also be a once-in-a-century evidence fiasco.”
“Die gegenwärtige Coronavirus Krankheit, Covid-19, wird eine Jahrhundert-Pandemie genannt, sie könnte aber auch ein Jahrhundert-Fiasko der Evidenz(-basierten Medizin) werden.”
Aber er weiß was er sagt.
Zum Zeitpunkt der obigen Aussage gab es nur die Kreuzfahrer auf der Diamond Princess als einzige vollständig untersuchte ‘Population’ auf der Welt. Aus diesen berechnet er eine IFR (infection-fatality-rate = Sterblichkeitsrate der Infizierten) von 0,125% mit einer möglichen Bandbreite von 0,05% bis 0,625%. Die damalige offizielle Zahl der WHO von 3,4% nennt er Angstmacherei und meaningless, bedeutungslos!
Seine Metastudie von 23 weltweiten Studien kommt dieser Tage zu folgenden Ergebnissen, nachdem er ALLE Einwände hinsichtlich Bergamo, Wuhan, New York, Spanien, Brasilien ausführlich erläutert und abgearbeitet hat:
( — und zur Erinnerung vorweg: die Grippe hat eine Rate von ca. 0,1%.)
Der Median¹ der Sterblichkeitsrate der Infizierten insgesamt weltweit liegt bei 0,25%. Bei einer Bandbreite von 0,02% bis 0,78%.
Der Median der Sterblichkeitsrate der Infizierten unter 70 Jahren liegt bei 0,04%. Bei einer Bandbreite von 0% bis 0,23%.
Man vergleiche auch die Konsistenz und Beständigkeit seiner Aussagen über drei Monate Corona mit der Konsistenz und Beständigkeit der Aussagen von Drosten oder dem RKI…
¹ der Median teilt einen Datensatz in zwei gleich große Teile, in der die Werte in der einen Hälfte größer und in der anderen kleiner sind als er. […] Im Vergleich zum ‘Durchschnitt’, ist der Median unanfälliger gegenüber statistischen Ausreißern.
[ENDE UPDATES]
4. Die Planlosigkeit
Die falschen Maßnahmen zur falschen Zeit
Was bis hierher zu lesen war:
- wir Menschen haben kein oder kaum ein Gespür für die Rechtmäßigkeit der Pandemie-Maßnahmen
- die Politiker haben oft eine Aversion gegen das Grundgesetz und machen sich die Arbeit gerne einfach
- nicht nur hat niemand eine Übersicht über die Epidemie im Land, in Regierungsnähe/-verantwortung versucht es nicht einmal jemand
Unter diesen Rahmenbedingungen handelt nun die Politik. Handelt sie nun verhältnismäßig?
D.h. handelt sie legitim, geeignet, erforderlich und angemessen?
Und zwar ‘und’ und nicht ‘oder’! Zusätzlich muss die Politik bestimmt handeln (gemeint ist hier nicht ‘energisch’, sondern ‘nachvollziehbar’ — Juristendeutsch…).
Man kann seine Zweifel haben. Ich hab sie.
Und diese Fragen sind keine abgehobenen theoretischen Gedanken, sondern rechtsstaatliche Prinzipien, die für die Politik bindend sind! (s.o.)
Das erratische Vorgehen der Politik hatten wir schon im letzten Artikel. Zur Auffrischung — mit aktuellen Zahlen:
#flatten-the-curve. ✅ — ist kurz vor waagrecht!
Verdopplungszeit auf 10, 12, besser 14 Tage. ✅ — aktuell >300 Tage!
Weniger als 1000 Neuinfizierte/Tag. ✅ — aktuell gerade eben noch >100!
Reproduktionszahl R unter 1. ✅ — Mittelwert seit Mitte März <1! (s.u.)
Ich erinnere auch nochmal an das obige Zitat auf verfassungsblog.de: “der absolute Gesundheitsimperativ ist maßlos und kann daher keinen Maßstab für eine konsistente Begründung [der Maßnahmen] bilden.”
Neu im Rennen: 35 bzw. 50 Neuinfizierte je 100.000 Einwohner, wobei dieses Kriterium erfreulicherweise, viel mehr als die meisten der oben stehenden, geeignet, erforderlich und angemessen zu sein scheint!
Zweifeln am erratischen Handeln reicht aber nicht und hilft hier auch nicht weiter.
Gehen wir der Sache also auf den Grund:
Handelt die Politik derzeit —
— Legitim?
Ist eher zu be-jah-nein-en. Legitim ist eine Maßnahme, wenn sie im Einklang mit dem Grundgesetz steht. Passt mir angesichts der bisherigen Ausführungen überhaupt nicht! Aber Herr Seegmüller bremst mich:
“Wenn die Gefahr im Nebel schwer erkennbar ist, dann darf man als Gesetzgeber auch mal mit der Schrotflinte schießen. Aber die Verfassungsrechtsprechung verlangt, dass der Staat den Nebel aktiv lichtet, um klarer zu sehen, was Sache ist. Wie ist es denn nun genau mit der Sterblichkeit? Mit dem Risiko, dass Krankenhäuser überfordert werden? Je mehr wir über die Krankheit, die Ansteckungswege und die gesundheitliche Situation danach wissen, umso zielgenauer muss der Gesetzgeber handeln. In dem Maße, in dem er das nicht tut, greift die Rechtsprechung ein und hilft ihm auf die Sprünge.”
Ja, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie waren legitim. Jein, derzeit sind sie höchst diskutabel. Denn wo handelt der Gesetzgeber bitte zielgenau?
— Geeignet?
Absage von Großveranstaltungen? Abstand halten? Ziemlich sicher ja.
Hände waschen? Ja, der Goldstandard des Infektionsschutzes!
Besuchsverbote? Mund-Nasen-Bedeckungen? Hm. Hier habe ich mittlerweile meine Zweifel:
Wie will denn irgendjemand eine Bewertung der Geeignetheit vornehmen, wenn die Gefährlichkeit, die Sterblichkeit von Covid-19, wenn die Infektiosität von SARS-CoV-2 so dermaßen unklar sind? Wenn die Zielgenauigkeit nicht mal geschätzt, sondern nur geraten werden kann?!
Die Zahlen sind in horrendem Maße unklar, Kinder sind bzw. sind nicht ansteckend, Menschen stecken [Ro-Wert] 2,3 bis 3 weitere Menschen an, mit Maßnahmen jedoch nur 0,88 [R-Wert], nein! — auch nicht, denn 80% der Infektionen erfolgen durch 10% der Menschen, [k-Abweichung] die Super-Spreader. Die Sterblichkeit beträgt 3%, nein 9%, nein 0,37%, ist ca. mit Faktor 20 unsicher! Die Infektion erfolgt auch über Schmier-Infektionen, nein, doch nicht — eigentlich sogar hauptsächlich über die Nase. WHO und RKI empfehlen Nießen in die Armbeuge und trotzdem sollen alle eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen.
Die Ausführungen des RKI machen die Sache nicht besser:
“Eine Schutzwirkung [von Mund-Nasen-Bedeckungen ist] nicht wissenschaftlich belegt, sie erscheint aber plausibel.”
Mehrere dutzend Millionen Menschen sind bei Bußgeldandrohung verpflichtet, eine Maske zu tragen — WEIL ES PLAUSIBEL IST?!?
Words fail me — schon wieder!
…nicht ganz, zum Glück! Ich hab da was vorbereitet: Ganz oben, erstes Bild, linke Hälfte: es ist nicht wissenschaftlich belegt, es erscheint aber plausibel, daß das eine Käsereibe ist!
Und wo wir schon dabei sind, gemein zu sein — rechte Hälfte: Symbolpolitik! Das Lieblingsding von Politikern! Große Gesten, tolle Bilder. Erster Spatenstich, rote Bänder durchschneiden. Was tun, bei einem unsichtbaren Gegner? — was gibt es da aktuell besseres als die Mund-Nasen-Bedeckung:
Die Sichtbarmachung der Gefahr, die allgegenwärtigen Erinnerung an den Virus, der sichtbare Beweis, daß die Politik entschieden handelt.
— Erforderlich?
Das ist mindestens zweifelhaft.
Betrachten wir mal die Maßnahmen im Verhältnis zu der mittlerweile gut bekannten Reproduktionszahl R:
Auffällig ist hier zunächst mal, daß R die Nachrichtenlage nach Mitte März ziemlich ignoriert: Die Infiziertenzahlen stiegen in der Zeitspanne der obigen Grafik von gut 9.000 am 17.03. schnell auf über 127.000 am 12.04., dem Tag an dem mit 67.000 die höchste Zahl von Menschen akut erkrankt waren. Von dort weiter auf aktuell 188.000 bei derzeit noch 6.000 akut kranken Menschen. R bleibt bei all dieser Dynamik nahezu konstant, was doch merkwürdig ist!
Im Sinne von Seegmüllers Schrotflinte kann ich eine allgemeine pauschale landesweite Maskenplicht nachvollziehen für Anfang März, vielleicht noch Mitte März. Anhand der R-Kurve oben noch bis eine Woche in den Lockdown hinein, um die Entwicklung zu kontrollieren. Also längstens Anfang April.
Aber ab Ende April? Nach Erreichen aller bisherigen Zwischenziele? Mit welcher Begründung denn?
Es ist wissenschaftlich nicht belegt, aber plausibel, daß es sich hierbei um Symbolpolitik handelt.
— Angemessen?
Auf gar keinen Fall! Und zwar mit Ansage.
Angemessenheit einer Maßnahme heißt, diese regelmäßig und oft — das Recht stellt auch hier hohe Anforderungen! — zu kontrollieren und bei Bedarf anzupassen. Das hat die Politik aber gar nicht vor:
Die Maske bleibt! Unbestimmt lange! Das ist nicht nur ein Verstoß, das ist ein vorsätzlicher Verstoß gegen Verfassungsrecht. Wieder Seegmüller:
“…ganz wichtig: Einschränkungen sind nichts Statisches. Der Staat muss zu jeder Zeit darlegen, warum Maßnahmen weiterhin gerechtfertigt sind. Deswegen ist er auch nicht frei bei der Gestaltung der Öffnung oder Lockerung.”
Hinzu kommt noch das völlig waghalsige Hoffen auf einen Impfstoff. Hier ist nicht nur das ‘wann’ offen, sondern auch das ‘ob (überhaupt)’!
Als Bedingung für das Ende der Maskenpflicht ist das so unbestimmt, daß es gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz verstösst!
— Bestimmt?
Bestimmt nicht! Siehe vorheriger Absatz.
Aber auch sonst das ausschließlich Planen mit einem Impfstoff in vielerlei Hinsicht ein waghalsiges Vorgehen:
- Die Entwicklung von Impfstoffen dauert eigentlich viele Jahre! 7–15, sagt man. Rekordhalter nach oben und unten: Mumps 4 Jahre, Dengue-Fieber 73 Jahre; bzw. mehrere Infektionskrankheiten sind nach wie vor ohne Imfstoff. Sicherlich steht hinter der aktuellen Forschung eine der konzertiertesten Aktionen der Menscheit, aber
- ob es überhaupt einen Impfstoff geben wird, ist trotzdem nicht sicher,
- und wenn der Impfstoff nicht perfekt ist, oder wenigstens sehr gut ist, macht er — analog zur multiplen Antibiotika-Resistenz — alles nur noch schlimmer und schafft wirklich einen Killer-Virus,
- und der beste Impfstoff wird er in der Eile sicher nicht!
- Die Studien zur Sicherheit des Impfstoff werden sicher sorgfältig durchgeführt, so sehr es in der Eile eben möglich ist, aber auch bisher gibt es immer eine Post-Market-Surveillance-Study, die auch schon mal dazu führen, daß ein getesteter, sicherer, zugelassener Impfstoff nach einigen Jahren wegen auftretender schwerer Komplikationen, die in den Zulassungs-Tests nicht erkennbar waren, seine Zulassung wieder verliert!
Hat jemand mal ein freundlicheres Wort als Impfgegner für mich? Was besseres als Impf-hektik-nicht-so-schlau-finder oder Ganz-doll-vor- dem-Pieks-Angst-haber (der Postillion mal wieder).
Ich verstehe nicht, warum alle Energie auf einen Impfstoff statt auf ein Medikament gerichtet wird. Ein Medikament mit unverhofft auftretenden Nebenwirkungen kann ich absetzen, eine Impfung nicht.
Ein Lichtblick
“Wir glauben, dass wir einen Krieg gegen das Virus führen — doch was unsere Freiheit, unsere Existenz als soziale Wesen und unsere Menschlichkeit angeht, haben wir fast schon kapituliert.” [Quelle]
Und dann findet man sie doch wieder, unerwartet und in höchster Not, aber da ist sie: die Menschenwürde — noch am Leben!
Schön das ich hier unten nicht allein bin! — Danke für die Aufmerksamkeit.