Grundrechtseinschränkungen, weil keiner mehr Dreisatz kann
— oder: Grundrechtsgewährung als Funktion des PCR-Tests — oder: Grundrechtsausübung in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit von Test-Reagenzien — oder Grundrechtseingriffe wegen schlechter Materialbeschaffung — oder…
Noch ein Artikel, der Sechste in einer Serie von Rants gegen alles mögliche in Sachen Corona. Eigentlich schreibe ich gerade Teil 6 (meiner Vorbereitung der Verfassungsbeschwerde): Die Epidemiologische Lage.
Die allgemeine Nachrichten- und ‘Fakten’lage ist dabei so weit von der Wirklichkeit entfernt, daß ich einen Teil der inhaltlichen Vorbereitung hierher auslagere. —
Zur Einordnung nochmal vorweg: ich bin ein “…” (meine Tochter ist sprachlos) Familienvater aus Hamburg, und wundere mich, in welche Schubladen ich gesteckt werde: vor einiger Zeit war ich noch Teil der linksgrün-versifften Bildungs-Bourgeoisie, aktuell gehöre ich zu meinem Erstaunen und gegen meinen Willen anscheinend zu den Reichsbürgern, Impfgegnern, der AFD, der FDP und den Verschwörungstheoretikern. Wobei die FDP langsam wählbar wird.
Eigene Einschätzung: #Team Püschel #Team Streeck #Team Ioannidis
Mitte September schrieb ich, wir führen hier gerade die unwissenschaftlichste ’Diskussion’ der Weltgeschichte.
Seit dem ist es eher noch schlimmer geworden.
So schlimm, daß ich mich nicht mal auf einen Titel festlegen kann. Gehen wir die Varianten doch mal chronologisch durch:
Grundrechtseingriffe wegen schlechter Materialbeschaffung
Klingt skandalös und fast schon reißerisch. Ist aber gar nicht von mir:
Sondern von Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts von 2002 bis 2010. Er sagte am 01.04.20 im Interview in der SZ:
“Es wäre fatal, wenn wir wegen offensichtlicher Mängel in der Ressourcenbeschaffung länger auf extreme Eingriffe in die Freiheit aller angewiesen sein sollten.”
Diese Aussage halte ich für die unter-beachtetste Aussage des Jahres. Sie ist für Anfang April, ein paar Tage nach dem Lockdown sehr gut informiert und vielsagend:
Lt. Pandemieplan 2017 [PDF] des RKI (siehe hier ausführlich) war der Plan:
“Schutz vulnerabler Gruppen: Die Schutzmaßnahmen werden auf die Personengruppen konzentriert, die ein erhöhtes Risiko für schwere und tödliche Krankheitsverläufe aufweisen. Dies umfasst auch Personen, die engen Kontakt zu vulnerablen Gruppen haben, z. B. medizinisches Personal.” [S.23]
Entsprechend hat der Bundesgesundheitsminister Vorsorge zu treffen:
Spahn sagt am 25.03. bei Lanz im ZDF dazu jedoch nur, dass die ‘Materialknappheit eine Riesenüberraschung’ war:
Folge: Lockdown für alle, statt Schutz für die Risiko-Gruppen.
Der Rest ist Geschichte.
PS: in der aktuellen ‘Diskussion’ heißt es oft, Alte einsperren ist asozial, ist logistisch nicht umsetzbar, etc. Aber auch diese Schutzkonzepte für Risiko-Gruppen wurden von Experten entwickelt und sagen deutlich:
“Für die Risikogruppen muss aus dem daran geknüpften Vorgehen ein Vorteil erwachsen, z.B. durch bevorzugte und geschützte Nutzung des öffentlichen Raumes oder durch besondere Unterstützung bei der Pflege” [Thesenpapier 2.0 des IMVR, PDF, S.55]
Grundrechtsgewährung als Funktion eines PCR-Tests
Gemeint ist nicht, dies ist seine Funktion im Sinne von ‘Nutzen’, sondern dass der Test ein Ergebnis ermittelt, in dessen Abhängigkeit Grundrechte gewährt werden. Etwa so:
Der PCR-Test ist zum alles entscheidenden Instrument in der Bestimmung der Epidemie erklärt worden. Und dies, obwohl er das laut Pandemieplan 2017 [PDF] des RKI (siehe hier für eine Analyse des Plans) gar nicht sein sollte:
“Schnelltests liefern zwar ein zeitnahes Ergebnis, können aber wegen niedrigerer Sensitivität und Spezifität nicht uneingeschränkt empfohlen werden. Im Einzelfall kann ein Schnelltest vor Ort zur schnellen Unterstützung der Entscheidung über Therapie und weiteres Prozedere eingesetzt werden. […] Bei anhaltender Übertragung des pandemischen Virus in der Bevölkerung wird die Labordiagnostik nur eine untergeordnete Rolle spielen.” [S.20]
Das hat auch seine guten Gründe. Denn:
Der PCR-Test ist ungeeignet für Epidemien
- die länger andauern
- die eine niedrige Prävalenz aufweisen, und
- Untauglich, zwischen aktuter Infektion und überstandener zu unterscheiden
(Ausführliche Herleitung dieser Punkte im Artikel ‘Was wäre die Lösung?’)
Einfluss Testzeitpunkt
Zunächst hat der Testzeitpunkt einen erheblichen Einfluß auf das Testergebnis, wie das Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft — IMVR der Universität Köln im Thesenpapier 2.0 zur Pandemie [PDF] schreibt:
“Abb. 5: Einfaches Entscheidungsbaum-Modell zur Testung von 100.000 Personen mit einer Prävalenz von 1:100 [d.h. 1%]. In Option A werden von 1000 Infizierten nur 400/500 (100 entgehen der Testung) symptomatischen Infizierten getestet (plus durch Kontaktuntersuchungen 100 asymptomatisch Infizierte). Von 99.000 Nichtinfizierten werden 9000 Personen getestet (z.B. Kontaktuntersuchungen), es ergeben sich hier 900 fp [=falsch positiv] Befunde. In Option B werden alle Personen getestet unabhängig vom Infektionsstatus. 900 richtig erkannten Infizierten stehen 9900 Personen gegenüber, bei denen der Test positiv ist, obwohl sie nicht infektiös sind (fp Befunde). Ergebnis: In Option B werden 11 mal so viele fp [=falsch positiv]Befunde erhoben wie in Option A.” [S.29]
(Deutschlands Testmethodik entspricht einer Schlangenlinie zwischen den Methoden A und B bzw. oft einer Mischung aus Beiden. Am 03.11. erklärte das RKI offiziell den Stratigiewechsel zu mehr ‘A’, weil die anfallenden Mengen bei ‘B’ nicht mehr zu bewerkstelligen sind.)
Viel und heiß diskutiert werden auch die Sensitivität und die Spezifität des Tests: die Befürworter, die Faktenchecker, die Leitmeiden betonen stets und immer die sehr hohen Genauigkeiten von kurz unter 100%.
Mehr sagen Sie nicht. Oder, typisch RKI, allenfalls dies:
Klingt gut. Aber die wenigsten Testergebnisse erfolgen im Rahmen eines klinischen Befundes, insofern gibt es keine Kontrolle auf ‘plausibel’, (und Beispiele für haufenweise ‘nicht-plausibel’ liefert sogar die SZ. Siehe weiter unten). ‘In der Regel’ ist noch schwächer als ‘grundsätzlich’. Der letzte Satz oben ist ein Schmankerl. Übersetzung:
“Wenn die Tests korrekt durchgeführt würden, und wenn die Tests fachkundig beurteilt würden, könnte man von einer geringen Zahl falsch positiver Befunde ausgehen. Die Einschätzung der Lage wird demnach verfälscht.”
Siehe hierzu auch alles in diesem Artikel Folgende.
Ach, und die Wörtchen ‘demnach’ und ‘davon ausgehen’ dienen dem RKI hier als Haftungsausschluss…
Einfluss Prävalenz
Aber auch 99,9% ändern leider gar nichts an einem grundsätzlichen Problem:
Weniger als 1% der Ergebnisse sind hier richtig positiv!
Aber auch z.B. folgende ‘bessere’ Werte von Sensitivität und Spezifität als auch eine 20-mal höhere Prävalenz führen zu katastrophalen Ergebnissen:
[mit Rechenweg wie in der Grafik, Werte wie im Labor-Ringversuch vom April]
Prävalenz 1%, d.h. 1.000 Infizierte bei 100.000 Menschen (statt 50)
Sensitivität 98,0% (statt 70%), d.h. 980 richtig positive Ergebnisse
Spezifität 98,6% (statt 85%), d.h. 1.386 falsch positive Ergebnisse, d.h.
2.366 positive Ergebnisse, von denen 58,6% falsch sind!
Positiv prädiktiver Wert dann immerhin 41,4% (statt 0,7% im Schaubild).
Aber selbst damit Grundrechtseingriffe begründen, Quarantänen anordnen und die epidemische Lage beobachten? Wohl kaum!
Einfluss ct-Wert
Auch ist der Test ungeeignet um Aussagen zu einer Infektion oder der Infektiösität zu machen, da er nur eine Gen-Sequenz vervielfacht um diese nachweisbar zu machen. Die Problematik hat sogar die SZ erkannt:
“Der Test, mit dem Menschen bundesweit auf das Coronavirus getestet werden, hat einen großen Vorteil, der zugleich ein Nachteil ist: Dieser PCR-Test ist sehr sensitiv. Das bedeutet, […] dass zahlreiche Menschen ein positives Testergebnis bekommen, obwohl die Infektion bei ihnen schon so lange zurückliegt, dass sie kaum noch Viren im Körper haben. Sie können deshalb niemanden mehr anstecken, eine Quarantäne ist somit sehr fragwürdig. Doch in der Praxis spielt dies kaum eine Rolle.
Dabei könnten die Testlabore sehr wohl eine Aussage darüber treffen, wie viele SARS-CoV2-Viren ein Patient in sich trägt: Den entscheidenden Hinweis auf die Viruslast gibt der Ct-Wert (“Cycle threshold”). Er zeigt an, wie viele Runden die PCR-Methode angewendet werden muss, bis sich das Virus nachweisen lässt: In jedem PCR-Zyklus wird das Viruserbgut, das in einer Probe enthalten ist, vermehrt; je weniger Viren vorhanden sind, desto mehr Zyklen werden benötigt, bis das Erbgut so angereichert ist, dass es als Virusnachweis taugt. […]
Bei einem Patienten mit vielen Viren im Körper schlägt der Test häufig nach 10 bis 15 Runden an, sagen Labormediziner. Wenn die PCR aber mehr als 30 Runden braucht, um genügend Viruserbgut zusammenzuhaben, ist ein Patient sehr wahrscheinlich nicht mehr ansteckend. Das Robert-Koch-Institut schreibt auf seiner Website […] verklausuliert, das aus den Proben von Menschen mit einem Ct-Wert von mehr als 30 sich im Labor kein Virus mehr vermehren lässt.
Doch die Labore stoppen ihre PCR-Analysen nicht bei einem Ct-Wert von 30, sondern in der Regel erst bei 37 oder 40, […] Dadurch erhalten zahlreiche Infizierte trotz vernachlässigbarer Virenzahl in ihrem Körper ein positives Testergebnis.”
Es heißt doch seitens der Corona-Warner immer, Menschen können sich exponentielles Wachstum nicht vorstellen, sonst würden sie doch erkennen, wie schlimm die Lage schon sein könnte.
Wenden wir eine Verdeutlichung von exponentiellem Wachstum doch mal auf den cycle-threshold an:
Ich gehe mal davon aus, daß die Legende mit dem König, dem Schachbrett und der Belohnung aus Reiskörnern allgemein bekannt ist. Sie dürfte das wohl bekannteste Beispiel für die Problematik von exponentiellem Wachstum sein. Nehmen wir nun ein Reiskorn als ein gefundenes Stück Viren-Genom. Dieses wird wird in jedem Zyklus verdoppelt um es schließlich an die Grenze der Nachweisbarkeit zu bringen. Hierbei ist bekannt, daß ein Nachweis nach 10 bis 15 Zyklen (zweite Reihe Felder auf dem Schachbrett!) auf eine große Virenlast schließen lässt. Ab 30 Zyklen (kurz vor der Mitte des Schachbretts!) ist Schluß, da die gefundene Menge so gering ist, daß sich diese in einer Virus-Kultur im Labor nicht mehr nachzüchten lässt. Das gilt gemeinhin als nicht (mehr) infektiös.
Getestet wird lt. SZ dennoch immer bis 37 oder 40 Zyklen (d.h. deutlich über die Mitte des Schachbretts hinaus). Das ist, wie auf der Suche nach der Nadel im Heuhaufen, die Nadel mittels PCR solange zu vermehren, bis man den Heuhaufen unter dem entstandenen Nadelhaufen nicht mehr sehen kann! (nicht von mir, aber ich weiß die Quelle nicht mehr…)
Nur wird der ct-Wert, anders als die Mitteilung INFEKTIÖS, QUARANTÄNE! oft nicht weitergegeben (soviel zur Ansage vom RKI der ‘korrekten Durchführung und fachkundig Beurteilung der Tests’).
Einfluss Dauer der Epidemie
Ebenfalls ist man lt. RKI auch lange nach einer überstandenen Infektion noch test-positiv, schreibt die SZ:
“ ‘Dass diese positiven PCR-Ergebnisse bei genesenen Patienten nicht mit Ansteckungsfähigkeit gleichzusetzen ist, wurde in mehreren Analysen gezeigt’, schreibt das RKI.”
Je länger eine Epidemie andauert, desto mehr Menschen haben eine Infektion gehabt, (ob nun asymptomatisch oder symptomatisch), und desto mehr Menschen werden in einem völlig gesundem Zustand einen positiven Test haben!
Was steht im Pandemieplan vom RKI? ‘Bei anhaltender [Dauer] wird die Labordiagnostik nur eine untergeordnete Rolle spielen.’
Soweit die einfachen Probleme des PCR-Tests.
Kommen wir zu den richtigen Problemen:
Der Sachverständige Prof. Bergholz gibt am 28.10.20 vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestags folgende Stellungnahme [PDF] ab:
“Im momentanen Zustand entspricht die Teststrategie in keiner Weise den Qualitätsanforderungen der Technik oder dem Stand der Wissenschaft, [namentlich] ISO 31000: ‘Risk Management’, […] ISO 9001–2015: ‘Quality management systems — Requirements’, […] ISO 15189:2012: ‘Medical laboratories’ [und] JCGM 100:2008 ‘Evaluation of measurement’.” [S.3]
“Die folgenden Anforderungen der Normen sind beim PCR Test für SARS Cov-2 nicht erfüllt: Eine Probennahme in nicht dafür vorgesehenen Räumen oder gar im Freien an Autobahnen stellt eine signifikante Abweichung von einer definierten Testumgebung statt. […] Jedes Labor definiert zurzeit seinen eigenen ct Wert (ct = cycle threshold, bei dem entweder ein Signal vorliegt (= Test positiv) oder nicht (= Test negativ)). Der Einfluss dieses Parameters auf den Schwellwert, ab dem ein Testergebnis als positiv gewertet wird, ist signifikant, [… Weiter liegen] keine standardisierten Hilfsmaterialien vor. […] je nach Lieferanten kann die Sensitivität um einen Faktor 10 oder mehr variieren, was zu unterschiedlichen positiven und negativen Raten führt, für dieselbe zu untersuchende Probe!” [S.4]
Die hier erwähnte Schwankung der Sensitivität um Faktor 10 ist in den oben beschriebenen Problemen von falsch-positiven Ergebnissen nicht enthalten, sondern zusätzlich!
“Jede Messtechnik ist mit einer Messunsicherheit behaftet. Die Messunsicherheit führt zu einer Abweichung des Messwerts von dem wahren Wert. Eine Messung ohne die Angabe der Messunsicherheit ist eigentlich wertlos, es sei denn es gibt wenigstens eine grobe Abschätzung des Messfehlers. In der Wissenschaft ist ein Messwert ohne Angabe der Unsicherheit nicht akzeptabel. […]
Eine elementare Regel bei Messung auf der Basis einer Stichprobe ist, dass der festgestellte Zahlenwert nicht von der Größe der Stichprobe abhängen darf.” [S.5]
“Die Kennzahl „Fälle pro 7 Tage und 100 000 Einwohner“ ist dringendst durch eine messtechnisch und mathematisch valide Kennzahl ersetzen!” [S.6]
Ergebnis der Stellungnahme die die Forderung:
“Aussetzung der Bewertung der PCR Testergebnisse, bis die genannten Schwächen beseitigt sind und stattdessen bis dahin Beurteilung des Infektionsgeschehens ausschließlich auf der Basis der Zahl der Erkrankten und Verstorbenen.” [S.10].
Keine weiteren Fragen.
Grundrechtseinschränkungen, weil keiner mehr Dreisatz kann
Mitte Mai hat die Politik den neuen vermeintlich wissenschaftlichen ‘7-Tages-Inzidenzwert’ 50/100.000 eingeführt. Auch ich habe mich positiv darüber geäußert. War dumm von mir. Denn das Problem ist ein vielfaches:
Der Wert gibt gar kein Verhältnis wie 50/100.000 an! Er gibt das Produkt an von Testanzahl x Inzidenz [=Häufigkeit von positiven Tests in einer Woche], und rechnet dieses zurück auf eine vermeintlich vergleichbare Bevölkerungsgröße.
Rechenbeispiel — eine Stadt / ein Landkreis mit 200.000 Einwohnern:
10.000 Tests x 1% positive Testergebnisse = 100
100 x (100.000/200.000) = 50 als 7-Tages-Inzidenzwert
1.000 Tests x 10% positive Testergebnisse = 100
100 x (100.000/200.000) = 50 als 7-Tages-Inzidenzwert
Man sieht, hier ist nicht nur nichts vergleichbar, nein, der Virus könnte sich um den Faktor 10 vermehrt haben, dies würde bei gleichzeitig weniger Tests gar nicht auffallen! Oder die zweite Welle wird hergetestet:
30.000 Tests x 1% positive Testergebnisse = 300
300 x (100.000/200.000) = 150 als 7-Tages-Inzidenzwert
Es ist bezeichnend für dieses Jahr, daß das beste Beispiel für die Untauglichkeit dieser Art der Darstellung vom Postillon kommt: Ein Minister mit positivem Test aus einem Kabinett mit 15 Personen führt zu einem abartig hohen Inzidenzwert:
Auffallend ist auch, daß in den letzten Monaten der zunehmend schärferen gesellschaftlichen Diskussion in den Leitmedien kein einziges Mal die bekanntermaßen steigenden Testzahlen in ihrer Auswirkung auf den Inzidenzwert dargestellt haben. Die einzige mir bekannte Erwähnung kommt vom Vorsitzenden des KBV in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 10. Oktober, in dem er darstellt, daß der Wert 50 mittlerweile bei 136 liegen müsste, da mittlerweile (136/50 =) 2,7 mal mehr getestet wird als bei Einführung des Wertes.
Anstelle von ‘50 damals entspricht 136 heute’ kann man den ‘Wert’ des Inzidenzwertes auch andersherum als Inflation der Testungsen unterliegend darstellen:
Die Aussage muss also lauten: wir testen so viel, daß ein Inzidenzwert von 50 heute nur noch einem Wert von 11 bei der Einführung im Mai entspricht.
Wir legen über das Jahr gesehen permanent strengere Maßstäbe an, obwohl sie nominal gleich zu bleiben scheinen!
Die rote Linie oben stellt somit so etwas wie die verbleibenden bürgerlichen Freiheiten dar.
Grundrechtsausübung in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit von Test-Reagenzien und Laborkapazitäten
Zwangsläufig lernt der Mensch, sich schlimme Situationen ‘schön-zu-saufen’:
Da meine Verfassungsbeschwerde noch etwas braucht bis zur Einreichung, hier meine Version davon:
Die Test-Reagenzien werden in Deutschland knapp, berichtet die Ärzte-Zeitung bereits am 11.08., und die ‘Labore kommen zunehmend an ihre Auslastungsgrenzen’ schreibt die Fachpublikation medscape.com am 04.11.20.
Weiter besteht laut RKI in der ersten Novemberwoche ein Probenrückstau von knapp 100.000 Tests:
Der Rückstau verringert auch die 7-Tages-Inzidenz. Das heißt — und ja, ich mache eine Vorhersage: die Lage wird sich nun in Richtung Weihnachten etwas entschärfen. Wie von der Politik angekündigt. Einfach, weil mehr mit der Test-Infrastruktur in Deutschland nicht geht.
Dementsprechend hat das RKI am 03.11 die Teststrategie ‘angepasst’ und “empfiehlt nun in der Erkältungssaison eine neue Teststrategie für SARS-CoV-2. Es sei unmöglich, bei allen Menschen, die Erkältungssymptome haben, einen Test durchzuführen. ‘Wollten wir alle mit Erkältungssymptomen testen, müssten wir 3 Millionen Tests jede Woche durchführen“, sagte RKI-Vize Schade. „Das ist weder möglich, noch erforderlich.’ “
Die offizielle Begründung dazu: Wenn nicht genug da ist, ist es auch nicht erforderlich. Behörden-Kausalität in 2020.