Die Letalität von COVID-19
Teil 6.3 von 8 des Weges zum Verfassungsgericht — ein Echtzeit-Lehrgang in der Wirklichkeit mit ungewissem Ausgang — Stand 07.02.2021
— ¹ Dummies meint natürlich nicht uns Bürger, sondern bezieht sich auf die berühmte Ratgeber-Serie für Anfänger von Allem —
Nach der Beschäftigung mit dem Thema Corona-Epidemie in Form von mehreren Artikeln werde ich nicht länger nur lesen und diskutieren, demonstrieren und bloggen und ansonsten hauptsächlich warten, sondern selber gegen den verfassungswidrigen Teil der Maßnahmen klagen.
Bisherige Artikel und Struktur der nächsten Artikel:
Alles über die Absicht, den Zweck und Aufbau sowie Struktur der Artikel steht in Teil 1. Bitte dort nachsehen. In dieser Serie gibt es keine Rosinen. Die Artikel sind nur in der beabsichtigten Reihenfolge sinnvoll zu lesen, dennoch werde ich die Teile 6.1 bis 6.6 nach Fertigstellung und nicht nach Reihenfolge veröffentlichen.
- Teil 1 von 8: Formale Anforderungen
- Teil 2 von 8: Annahme zur Entscheidung
- Teil 3 von 8: Hürde Subsidiaritätsprinzip
- Teil 4 von 8: Eilantrag & Folgenabwägung
- Teil 5 von 8: Verfassungsrechtliche Bedenken
- Teil 6 von 8: Die Epidemiologische Lage
Teil 6 wird weiter aufgeteilt in:
- Teil 6.1: Die epidemiologischen Eigenschaften von SARS-CoV-2
- Teil 6.2: Die Kreuzimmunität
- Teil 6.3: Die Letalität von COVID-19 [dieser Text hier]
- Teil 6.4: Der PCR-Test und die 7-Tages-Inzidenz
- Teil 6.5: Der Lockdown [Link folgt]
- Teil 6.6: Die Maskenpflicht [Link folgt]
- Teil 7 von 8: Der Prognose-, Ermessens- und Handlungsspielraum
[Link folgt] - Teil 8 von 8: Die Verfassungsbeschwerde
Was bisher geschah
Ein paar Zitate zur Sterblichkeit bei COVID-19 aus meinem Artikel ‘Was wäre die Lösung?’, in dem ich Aussagen und Erkenntnisse von Forschung und Fachliteratur monatsweise zusammenfasst habe:
[Die Zahlen (71) sind die Fußnoten *⁷¹ in dem Artikel, Quellen siehe dort]
“Das größte Risiko besteht für Patienten über 80 Jahre (108) mit Mehrfach-Komorbiditäten (72)(109), im Falle einer Beatmung ist die Letalität besonders hoch (71).” [April 2020]
“Bei der Beurteilung der Epidemie spielt die Letalität (CFR) eine entscheidende Rolle (80), jedoch müssen die Bezuggrößen (121) (122) bekannt sein (81), wie die zurechenbare Sterblichkeit (Unterschied “an” oder “mit” Corona gestorben) (82+107). Beides ist derzeit nicht der Fall (83) (84) wodurch die Gefahr überschätzt wird (106).” [April 2020]
“Die Darstellung der epidemiologisch zentralen Frage der zurechenbaren Sterblichkeit genügt keinen wissenschaftlichen Standards (149). Seitens z.B CDC, WHO und Robert-Koch-Institut gibt es für COVID-19 keine Definition (151), obwohl dies seit Jahrzehnten den unbestrittenen Standard darstellt (150). […] Die Darstellung der Mortalität durch das Robert-Koch-Institut ist mehr Meinung (195) als Fakt (179) und wirkt unnötig erschreckend, da sie sich in der Übersterblichkeit in 2020 nicht widerspiegelt (193).” [Mai 2020]
“Die Darstellung des des Robert-Koch-Institut hat die Zahl der Infektionen erheblich unterschätzt und die Sterblichkeitsraten erheblich überschätzt.(226); die neuen Erkenntnisse haben erhebliche Auswirkungen auf die epidemiologischen Schwellenwerte und Prognosen der Herdenimmunität für die COVID19-Pandemie (235).” [Juli 2020]
Dem ist kaum noch etwas hinzuzufügen. Außer:
Es ist erschütternd, wie wenig wir seit Sommer letztes Jahr dazugelernt haben!
Meine Verfassungsbeschwerde wird den Verantwortlichen auch Untätigkeit hinsichtlich der Beschaffung von Erkenntnissen über die Eigenschaften von SARS-CoV-2 vorwerfen.
Epidemiologische Grundlagen
Es gibt — den Eindruck kann man haben — kaum noch epidemiologisches Wissen von vor 2020, welches den Jahreswechsel 2019 zu 2020 überlebt hat, oder nicht in sein Gegenteil verkehrt wurde.
Daher eine kurze Auffrischung:
Letalität — Sterblichkeitsrate
Die Letalität (auch: ‘Letalitätsrate’) beschreibt die Tödlichkeit einer Erkrankung, d.h. die (übrigens immer altersabhängige) Wahrscheinlichkeit bei einer Erkrankung, an dieser zu versterben. Der Fachbegriff lautet CFR:
CFR — case fatality rate
Der Fall-Verstorbenen-Anteil (auch: ‘die Fallsterblichkeit’) ist nahezu dasselbe.
CFR = Anzahl Verstorbener / Anzahl Erkrankter.
Aufgrund der unbekannten Anzahl nicht erkannter Erkrankungen gibt es eine Dunkelziffer. Diese Unkenntnis führt zu einer Überschätzung der Letalität. Zur Vermeidung dieser Überschätzung braucht es die IFR:
IFR — infection fataliy rate
Der Infizierten-Verstorbenen-Anteil (auch ‘Infektionssterblichkeit’) beschreibt die Tödlichkeit einer Infektion, d.h. die (übrigens auch immer altersabhängige) Wahrscheinlichkeit bei einer Infektion, an dieser zu versterben.
IFR = Anzahl Verstorbener / Anzahl Infizierter.
Mortalität
In der Epidemiologie ist die (krankheitsspezifische) Mortalität das Verhältnis der Vestorbenen zu einem bestimmten Teil der Bevölkerung über einen bestimmten Zeitraum (und in der Regel auf 100.000 Einwohner bezogen).
= Anzahl Verstorbener / Teil der Bevölkerung (in einem bestimmten Zeitraum)
Morbidität
Die Morbidität ist ein Begriff aus der Todesursachenstatistik und bezeichnet das Verhältnis der Vestorbenen zur Bevölkerung.
= Anzahl Verstorbener / Bevölkerung.
Diese Begriffe werden leider sowohl von der Politik und teilweise den Medien aber auch vom RKI falsch verwendet bzw. vermischt. Vermischt in einer Weise, daß die angegeben Zahlen auch mal um den Faktor 10 und mehr falsch sind!
Die Letalität von COVID-19
In einem dreiviertel Jahr von >4% nach <0,2%
Der Epidemiologe und Medizinstatistiker John Ioannidis von der Universität Standford hat in einem viel-beachteten, -zitierten und -zerissenen Artikel vom 17.03.20 eine Letalität von 0,125% geschätzt (bei einer Bandbreite von 0,05% bis 0,63%). Die Welt, in Form von WHO, CDC, RKI und anderen hat den Rest des Jahres gebraucht um sich in Richtung dieses Wertes zu bewegen.
Wobei — nicht ganz: die oben benannte Vermischung von Begriffen führt zu der Kuriosität von zwei völlig unterschiedlichen Sterblichkeitswerten laut RKI: den medial präsenten Werten von knapp 2% bis max. 4,7%, und den erheblich niedrigeren Werten von nur knapp 0,2% aus dem ‘Kleingedruckten’ [Begriff ‘Untererfassung’ suchen] im RKI-Corona-Steckbrief: diese Werte des RKI gehen quasi das ganz Jahr Hand in Hand mit den Werten von Ioannidis.
Entwicklung der veröffentlichten Sterblichkeitsraten von COVID-19
Und soweit sind wir letztes Jahr gekommen: die Aus- und Überlastung der Labore — nicht die der Intensivstationen! — lässt die Sterblichkeit wieder ansteigen?! Seriously!? [ 🔽-Markierung bei KW46]
Und dies sind nur die ersten haarsträubenden Ungereimheiten, die sich bei aufmerksamem Nachrichtenkonsum ergeben.
Die Letalität von COVID-19 aus Sicht der Fachwelt
Viel schlimmer als die oben beschriebenen Zahlendifferenzen und die verzerrte öffentliche Wahrnehmung sind eigentlich die grundlegenden Probleme, die von Fachleuten benannt werden. Dies sind z.B.+u.a.:
- Laut Thesenpapier 1.0 des IVMR [PDF] vom 05.04.2020:
“Die zur Verfügung stehenden epidemiologischen Daten (gemeldete Infektionen, Letalität) sind nicht hinreichend, die Ausbreitung und das Ausbreitungsmuster der SARS-CoV-2/Covid-19-Pandemie zu beschreiben, und können daher nur eingeschränkt zur Absicherung weitreichender Entscheidungen dienen.” [S.4]
“Die Zahlen zur Sterblichkeit (Case Fatality Rate) überschätzen derzeit das Problem und können nicht valide interpretiert werden.
1. Mangelnde Abgrenzung der Grundgesamtheit: es ist derzeit nicht bekannt, auf wie viel infizierte Personen die Zahl der gestorbenen Patienten zu beziehen ist;
2. Fehlende Berücksichtigung der attributable mortality: es ist nicht klar, inwieweit die beobachtete Letalität tatsächlich auf die Infektion mit SARS-CoV-2 zurückzuführen und nicht durch die Komorbidität oder den natürlichen Verlauf zu erklären ist;” [S.5]“Die Letalität der beatmeten Patienten ist hoch. […] das größte Risiko besteht für Patienten über 80 Jahre mit Mehrfach-Komorbiditäten.” [S.9]
“Angaben zur Letalität einer Erkrankung (Case Fatality Rate) spielen bei der Beurteilung einer Epidemie wie SARS-CoV-2/Covid-19 eine entscheidende Rolle. Die Letalität kann als Kennziffer jedoch nur dann sinnvoll verwendet werden, wenn mehrere Bedingungen erfüllt sind: die Grundgesamtheit der Population, auf die die Zahl der Gestorbenen bezogen wird, muss bekannt sein; die Sterblichkeit, die auf die Erkrankung zurückgeht, muss von der Sterblichkeit durch den natürlichen Verlauf und andere Erkrankungen abgegrenzt werden (zurechenbare Sterblichkeit oder attributable mortality); die Sterblichkeit der Erkrankung sollte im historischen Vergleich eine zusätzliche Sterblichkeit (excess mortality) zur Folge haben, gerade wenn in den Vergleichszeiträumen die betreffende Erkrankung noch nicht bekannt oder diagnostizierbar war.” [S.13]
“Es ist nicht klar, inwieweit die beobachtete Letalität auf die Infektion mit SARS-CoV-2 zurückzuführen ist.[…] Dies bedeutet, dass keine Kriterien vorhanden sind, mittels derer die unkorrigierte crude mortality von der zurechenbaren Sterblichkeit (attributable mortality) unterschieden werden kann.” [S.14]
“Für die nähere Zukunft ist es daher unumgänglich, zu einer Definition der attributable mortality zu kommen, die folgende Elemente enthalten sollte:
• Covid-19 Nachweis und
• Tod des Patienten
• spezifisches Krankheitsbild.
In Bezug auf den dritten Punkt „spezifisches Krankheitsbild“ könnte man z.B. so vorgehen, dass man Hauptkriterien definiert, von denen z.B. eines erfüllt sein muss (z.B. interstitielle Pneumonie [=eine Form der Lungenentzündung]), und Nebenkriterien, von denen z.B. zwei für die Diagnose hinreichen. So ist man z.B. auch bei AIDS vorgegangen, bevor man den Erreger nachweisen konnte.” [S.15]
- Laut Thesenpapier 2.0 des IVMR [PDF] vom 03.05.2020:
“Das RKI muss die Grundgesamtheit, auf die sich die Sterblichkeit bezieht, […] genauso nennen wie die zurechenbare Letalität (attributable mortality). Der Bezug auf die gemeldeten Fälle ist wegen der Dunkelziffer durch nicht gemeldete Fälle methodisch unzulässig.” [‘S.63’, S.4 des PDF]
“Nach den Daten des European Centre for Disease Prevention and Control liegt die Letalität bei Kindern unter 10 Jahren nicht erkennbar über null (ECDC 2020).” [‘S.70’, S.11 des PDF]
- Laut einem der Autoren der Thesenpapiere, Prof. Schrappe in einem Interview im Okober:
“Die Problematik bei asymptomatisch übertragenen Infektionen besteht in der Dunkelziffer. Wählt man eine anlassbezogene Teststrategie, erkennt man nur die Kranken mit Symptomen, die auch eine schlechtere Prognose haben, dann ist auch die Sterblichkeit höher. Deswegen veröffentlicht das Robert-Koch-Institut (RKI) auch fortwährend Sterblichkeitsdaten, die um den Faktor 10 über der — mittlerweile wissen wir hier sehr genau Bescheid — wirklichen Letalität von circa 0,3 Prozent liegen. Aus diesem Grund wäre von Anfang an, also bereits Ende Februar, statt der ganzen Aufregung eine nationale Kohorte notwendig gewesen, die eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung umfasst und auch die symptomlosen Infizierten erfasst.”
Und was bedeutet das?
Nun, dies sind erstklassige Argumente für die Verfassungsbeschwerde:
Die Regierung ist Ihren Pflichten der Aufklärung des Sachverhalts, des Erkenntnisgewinns nicht nachgekommen
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit orientiert sich in den Worten des Bundesverfassungsgerichts an den “tatsächlichen Rahmenbedingungen der Coronavirus-Pandemie sowie fachwissenschaftlichen — virologischen, epidemiologischen, medizinischen und psychologischen — Bewertungen und Risikoeinschätzungen.” [aus der Entscheidung 1 BvR 990/20 des BVerfG]
Es ist also zu zeigen, daß die Letalitätsrate, die Sterblichkeit von COVID-19 nicht die ist, mit der wir monatelang erschrocken wurden. (Genauso wie weitere Parameter, die ich aber in anderen Artikeln behandele)
Wenn also feststeht, das die Gefahrenprognose eine Fehleinschätzung war, geht dies noch nicht ‘zu Lasten’ der Regierung, jedoch ist das Unterlassen einer Korrektur der Pandemie-Maßnahmen nach neuen Erkenntnissen, oder auch das Unterlassen von der Beschaffung neuer Erkenntnisse überhaupt sehr wohl zu der Regierung anzulasten (analog zum ‘hätte wissen müssen’ aus Gerichtsurteilen).
Oder auf juristendeutsch: der Beurteilungsspielraum verengt sich mit zunehmender Erkenntnis wie auch mit unterlassenem Erkenntnisgewinn.
Und der Erkenntnisgewinn wurde vorsätzlich fahrlässig unterlassen!
Und damit sieht die Prüfung der Verhältnismäßigkeit dann ganz anders aus.
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Kontakt
Wer Antworten weiß auf (hier ausnahmsweise keine) OFFENEN FRAGEN, wer Fehler entdeckt oder vermutet, wer weitere Argumente weiß oder wichtige Quellen kennt, darf — nein: soll! — sich gerne bei mir melden! Auch RAe sind gern gesehen!
Telefon: 03212–4882283
Email: klage-gegen-corona[@]email.de
HINWEIS (auch an die Trolle): natürlich bin ich da nicht direkt erreichbar! Die Nummer klingelt wonirgends, sie nimmt nur Sprachnachrichten entgegen. Diese und die Mails werde ich regelmäßig (vorsichtshalber mit dem Finger auf der Löschtaste) abrufen und mich zurückmelden.
Historie der Text-Überarbeitungen
- 07.02.21 — zweite Fassung, veröffentlicht
- 06.02.21 — erste Fassung online zum Korrekturlesen